Wissenswertes zum Klebebeschlag

Von Aleks 5. März 2023

Wann ist ein Klebebeschlag (Bekleb) sinnvoll?

Besonders freut mich natürlich, wenn Pferde die meiste Zeit barhuf unterwegs sein können und nur bei Bedarf etwa besonders fordernde Wege in Hufschuhen zurücklegen. Es gibt aber auch eine Reihe von Situationen, in denen ein permanenter Hufschutz Sinn macht.

Und hier gibt es mittlerweile großartige Alternativen zum Eisenbeschlag, nämlich den „Klebebeschlag“ - streng genommen kein Beschlag, aber die meisten können sich hier eher was drunter vorstellen als beim Synonym „Bekleb“, liebevoll oft auch „Klebi“ genannt. ;-)

Es gibt viele Gründe, sich für einen Klebebeschlag zu entscheiden und auch die Dauer der Nutzung kann sehr unterschiedlich sein:

  • für wenige Tage oder Wochen, z.B. wenn man einen mehrtägigen Wanderritt macht und Scheuern durch Hufschuhe nicht riskieren will,

  • für einige Wochen oder Monate z.B. in der Umstellungsphase von Eisenbeschlag auf barhuf oder etwa in der Rehabilitationsphase bei Hufrehe oder anderen orthopädischen Indikationen (klare Ausnahme: wenn der Hufmenchanismus bspw. nach einem Hufbeinbruch komplett ruhiggestellt werden muss),

  • oder auch dauerhaft z.B. bei Haltung von sehr bewegungsfreudigen Pferden auf abrasiven Böden z.B. viel Steine/Schotter oder stellenweise Beton am Paddock.

Wie haltet ein Bekleb am Huf?

Der Bekleb besteht aus einer Grundplatte, die ganz individuell an den Pferdehuf angepasst werden kann, und Klebelaschen, die mit der angepassten Grundplatte mithilfe eines Heißluftföns verschweißt werden.

Bekleb_Vorbereitung

Die Grundplatte wird zurechtgeschnitten, sodass sie optimal auf den Pferdehuf passt. Anschließend werden die Laschen mit der Grundplatte verschweißt.

Es gibt ganz unterschiedliche Grundplatten - manche haben einen Metallkern, es gibt Versionen mit bereits inkludierten Seitenkappen aus Metall, je nach „Zusatzausstattung“ sind sie natürlich unterschiedlich schwer und unterschiedlich flexibel. Ich finde es wichtig, sich nicht auf nur einen bestimmten Hersteller einzuschränken, sondern beim Bekleb immer darauf zu achten, was für die individuelle Situation des Pferdes am sinnvollsten ist. Eine gute Strahlunterstützung ist dabei auf jeden Fall wichtig. Ich persönlich verwende derzeit gerne je nach Anforderungen die Grundplatten von Goodsmith, Duplo Verbundbeschläge oder CARRÉstep, lasse mich aber durch Innovationen am Markt gerne überzeugen und gehe auch gern jederzeit auf Sonderwünsche von Pferdebesitzer:innen ein.

Genauso gibt es unterschiedliche Produzenten, Formen und Farben von Klebelaschen. Laschen von Goodsmith und jene von rbCarbon habe ich immer im Gepäck und wenn es mal bunt sein soll - Wolf Busch produziert Klebelaschen standardmäßig auch in pink und grün. Auch hier probiere ich gerne Neues aus, habe mit diesen Herstellern bezüglich Handling und Haltbarkeit aber besonders gute Erfahrungen gemacht.

Die Laschen werden schließlich mit einem speziellen Kleber an die gründlich gereinigte Hufwand geklebt. Der Kleber trocknet sehr schnell, aber kurzes Stillstehen beim Kleben ist dennoch wichtig. Funktioniert das nicht so gut, hilft es meist schon, ein paar Heucobs zur Ablenkung zu füttern und/oder einen anderen Huf währenddessen hochzuheben.

In den allermeisten Fällen haltet der Bekleb dann, bis ich 5-6 Wochen später wiederkomme. Klebekund:innen lasse ich sicherheitshalber aber immer ein kleines Reperaturset samt Kleber da, falls sich wider Erwarten eine Lasche lösen sollte. Und so wie bei Hufeisen kann ein Pferd auch mal einen Klebebeschlag verlieren. In so einem Fall komme ich so schnell wie möglich und klebe neu. Wir versuchen aber, solche Situationen möglichst schon vorab abzuwenden - sollte z.B. bekannt sein, dass das Pferd sich oft auf die Füße steigt und dabei die Laschen abziehen könnte, helfen Hufglocken.

Die Grundplatte - und oft auch die Laschen, sofern sich die Hufform nur wenig verändert - können mehrere Beklebperioden wiederverwendet werden. Das schont auch das Geldbörserl, denn natürlich reduziert sich dann der Preis für einen „wiederverwendeten“ Bekleb um die Materialkosten.

Bekleb_Kleben

Die Laschen werden auf die saubere und fettfreie Hufwand geklebt, der Huf steht dabei am Boden.

Was sind eigentlich die Vorteile von Bekleb?

Zu diesem Thema gibt es schon zahlreiche Studien und viele Beiträge, hier also nur ganz kurz zusammengefasst:

Kunststoff ist flexibel. Er ist dehnbar und verwindbar und das führt dazu, dass der Huf - sehr ähnlich einer Barhufsituation - beweglich bleibt. Der Hufmechanismus kann so bei jedem Schritt ohne Einschränkungen arbeiten, insbesondere wenn der Bekleb eine flexible Strahlunterstützung hat.

Und auch während des Hufwachstums wird der Huf nicht eingezwängt. Pro Monat wächst ein Huf rund 1 cm nach unten - aber gleichzeitig auch bis zu 8 mm in die Breite. Im Gegensatz zu Hufeisen ermöglicht der Bekleb auch dieses Wachstum in die Breite.

Bekleb_Flexibilität

Links: schematische Darstellung des Hufwachstums in die Höhe und in die Breite (ich weiß, mein Zeichentalent ist eher beschränkt). Rechts sieht man schön, wie die Grundplatte „mitwächst“, während der Huf mit der Zeit breiter wird.

Durch Kleben statt Nageln wird die Hufwand geschont. Es entstehen keine Löcher, durch die Bakterien und Pilze eindringen könnten. Auch wenn das Pferd mal einen Klebebeschlag verliert, reißen einfach die Laschen an der Sollbruchstelle, die Hufwand bleibt intakt.

Zudem wiegt ein Klebebeschlag weniger als die Hälfte des Gewichts eines Hufeisens und wer ab und zu richtig schwere Schuhe trägt und dann ganz leichte anzieht, weiß, wie gut sich das anfühlt. Das geringere Gewicht schont natürlich auch Bänder und Sehnen.

Für welche Pferde ist ein Bekleb geeignet?

Kurz gesagt: für alle!

Ein Klebebeschlag kann flexibel auf das jeweilige Pferd (oder Pony), dessen Haltungsbedingungen und Bewegungspensum ausgerichtet werden.

Es gibt kein „zu klein“.

Auch wenn manche Hersteller so kleine Größen nicht produzieren und große Größen sich nicht immer auf Mini-Versionen zuschneiden lassen, man findet heutzutage eine Reihe von Lösungen für Grundplatten (z.B. aus dem 3D Druck) und kleinen Laschen, die sich auch für sehr kleine Ponyhufe eignen.

Bekleb_Shetty

Der bisher kleinste Bekleb in meiner Kundschaft - 80-85 mm Hufbreite - gehört einem frechen Shetland Pony.

Es gibt kein „zu groß“.

Natürlich stellt ein großes 800 kg Kaltblut eine gewisse Herausforderung dar. Aber auch hier findet man Grundplatten in der richtigen Größe und kann diese mit zusätzlichen Kunststoffteilen, die man an die Grundplatte anschweißt, bei Bedarf noch vergrößern. Bis rund 20 cm Hufbreite gibt es sogar noch einige Auswahl an Produkten, bei größeren Hufen muss man zum Teil schon etwas mehr basteln oder auf Grundplatten aus dem 3D-Druck zurückgreifen.

Bekleb_Noriker

Auch für Noriker findet sich eine Lösung. Bei dem Gewicht helfen stabile Seitenkappen und noch ein paar zusätzliche Laschen, aber dann haltet der Bekleb auch 6 Wochen lang auf einer steilen Wiese.

Es gibt auch kein „zu wild“.

Das Pferd einer Stallkollegin, ein junges, fröhliches und besonders wild herumlaufendes, das auf einem steinigen Trail in Hanglage wohnt, hat uns anfangs so manchen Bekleb von den Hinterhufen weggeschossen. Während der vordere Bekleb gut hielt, war der hintere nicht zu bändigen. Das Pferd war eine Herausforderung. Die Lösung bestand hier darin, eine sehr leichte Grundplatte zu nehmen, die durch das geringe Gewicht wenig Fliehkräfte erzeugt, und diese neben den Standardlaschen mit vier Seitenkappen pro Huf zu verstärken - sowohl vorne, damit er hier nicht nach vorne zu viel Gewicht auf die Laschen bringt, als auch hinten, da er im hinteren Hufbereich besonders beim Angasen in der Kurve eine extreme Drehbewegung macht. Diese Version hat sich mittlerweile in mehreren Modifikationen schon seit mehreren Beklebperioden bewährt - alles bleibt zuverlässig am Huf.

Bekleb_Sonderanfertigung

Basteln bis es hält: Nach einigen Anläufen wurde auch für den besonders bewegungsfreudigen Lipizzaner eine Version gefunden, die verlässlich haltet.

Und - weil diese Frage auch schon aufkam - auch Gangpferde kann man natürlich bekleben. Da ich selber einen Isländer mit Vierfachbekleb habe, habe ich auch hier schon einiges ausprobiert und bin absolut zufrieden.


Wenn du noch weitere Fragen zum Thema Klebebeschlag hast, schreib mir gerne!