Das Hufbein

Von Aleks 11. Mai 2023

Im Inneren des Hufes

Viele Pferdebesitzer:innen vergessen manchmal, dass der Huf nicht nur das ist, was man von außen sieht. Das Innenleben eines Hufes ist komplex und spannend, und auch wenn man als Pferdebesitzer:in nicht alles über den Huf wissen muss, so hilft es, eine grobe Idee davon zu haben, was sich im Inneren eines Pferdehufes tut. Und ein wichtiger Teil davon ist das Hufbein.

Das Hufbein ist ein Knochen, der sich im vorderen Teil des Pferdehufes befindet. Das ganze Pferdeskelett steht drauf - damit spielt dieser Knochen trotz seiner verhältnismäßig geringen Größe eine im wahrsten Sinne tragende Rolle.

Hufbein

Das Hufbein (in der Skizze blau dargestellt) ist Teil des Innenlebens eines Pferdehufes. Die tiefe Beugesehne (grün) setzt an seiner Unterseite an.

Das Hufbein der Vorderhufe unterscheidet sich von dem an der Hinterhufen. Vielleicht ist dir schon mal aufgefallen, dass ein (gesunder) Vorderhuf, von unten betrachtet, eher rund und ein Hinterhuf eher ovaler, etwas „dreieckig“ aussieht? Und dass die Zehenwand der Hinterhufe steiler ist (oder zumindest sein sollte) als die der Vorderhufe? Das ist kein Zufall, sondern die Form der Hufkapsel, also das, was man von außen sieht, folgt hier der Form des Hufbeins.

Unterschiede im Hufbein

Ein gesunder Vorderhuf ist eher rund und ein Hinterhuf ovaler - sie folgen der Form des Hufbeins.

Der Winkel der „vorderen“ Wand des Hufbeins zur Unterkante liegt bei den Vorderhufen bei 45-50 Grad, bei den Hinterhufen bei 50-60 Grad. Für die Verbindung zwischen Hufbein und Wand sorgt - sehr vereinfacht gesagt - ein extrem starker Klettverschluss, der Hufbeinträger. Auf der Seite des Hufbeins ist ein Teil davon, auf der Seite der Hufwand das Gegenstück. So haften Hufbein und Wand von oben bis unten fest aneinander, sofern der Mechanismus nicht z.B. durch Stoffwechselprobleme beeinträchtigt ist.

Die Unterseite des Hufbeins ist gewölbt - diesen Verlauf kannst du bei einem gesunden Huf ebenfalls am Verlauf der Sohle erkennen. In der Mitte des Hufbeins setzt die tiefe Beugesehne an.

Was auch immer man „von außen“ am Huf macht, müssen die inneren Strukturen immer mitbedacht werden - dazu gehören aber natürlich nicht nur die knöchernen Strukturen.

Der Hufbein-Boden-Winkel

In welchem Winkel die Unterseite des Hufbeins zum Boden sein sollte, dazu gibt es unterschiedliche Denkrichtungen in der Hufwelt.

  • Einige meinen, die Hufbeinunterkante sollte, wenn das Pferd steht, bodenparallel sein.

  • Andere gehen davon aus, dass sie im Stand einen leicht positiven Winkel (2 bis 5 Grad) - also hinten etwas höher als vorne - haben sollte. Als Hintergrundwissen ist es wichtig zu wissen, dass die Hornkapsel beim Auffußen durch die Belastung jedes Mal verformt wird - u.a. kommt es zu einer Weitung der Hufkapsel im hinteren Bereich des Hufes, dadurch wird dieser Teil „niedriger“ und der Zehenwinkel flacher (somit auch der Hufbeinwinkel, da Zehe und Hufbein durch den Hufbeinträger fest aneinander haften). Der leicht positive Winkel des Hufbeins, den wir im Stand hatten, wird damit gerade dann, wenn die größten Kräfte auf den Huf wirken, bodenparallel - die einwirkenden Kräfte werden bestmöglich verteilt.

Hufbeinbodenwinkel

Unterschiedliche Winkel der Unterseite des Hufbeins zum Boden (Seitenansicht).

Worüber sich alle einig sind: das Hufbein sollte keinen negativen Winkel zum Boden haben. Warum? Zum einen da dies zu einer übermäßigen Belastung der Hufbeinäste (Ausläufer des Hufbeins nach hinten) führt - dauert diese über längere Zeit an, passt sich der Knochen schrittweise an, indem die Hufbeinäste abgebaut werden. Zum anderen entsteht ein Dauerzug an der tiefen Beugesehne, die ja an der Unterseite des Hufbeins ansetzt.

Um den Winkel des Hufbeins zum Boden ganz exakt zu bestimmen, braucht man natürlich einen Röntgenblick. Aber nachdem das Hufbein fest mit der Zehenwand verbunden ist, können wir von außen mit etwas Blickschulung anhand des Zehen- und Kronsaumwinkels (erster zu flach, zweiter zu steil) feststellen, wann der Hufbeinwinkel negativ und eine Korrektur notwendig ist.

Negativer palmarer Winkel

Oben: positiver Winkel, unten: negativer Winkel des Hufbeins, tiefe Beugesehne grün markiert.

In manchen Fällen kann ein negativer Hufbeinwinkel schon in einer Bearbeitung korrigiert werden. Das geht allerdings nur (!), wenn genug Material am Huf vorhanden ist - und oft ist das nicht der Fall. Eine ohnehin schon zu geringe Zehenhöhe noch stärker zu kürzen, wird schnell zu einer blutigen Angelegenheit. Daher sollten Pferdebesitzer:innen hier immer einen Profi heranziehen, es sei denn, sie wissen sehr genau, was sie tun!

Huf-Querschnitt

Im Querschnitt durch das Hufbein ist die seitliche Kante des Hufbeins samt Hufbeinästen nicht sichtbar. Da das Hufbein gewölbt ist und hier nur die Mitte des Hufbeins zu sehen ist, ist der Winkel steiler als oben bei der skizzierten Seitenansicht (vergleichbar seitliche Röntgenansicht), die für die Bestimmung des Winkels herangezogen werden muss.

Lageveränderungen des Hufbeins

Wie oben beschrieben ist das Hufbein bei einem gesunden Huf ganz fest mit der Hornkapsel verbunden. Bei der Hufrehe wird diese ursprünglich feste Verbindung zwischen Hornkapsel („Wand“) und Hufbein zerstört. Da auf die Hufwand und das Hufbein bekanntlich viele unterschiedliche Kräfte wirken, bleiben diese durch den „kaputten Klettverschluss“ nicht in der Position zueinander, in der sie ursprünglich waren.

Eine häufige Lageveränderung des Hufbeins ist die Rotation. Von dieser spricht man, wenn Hufbeinrücken und Hufwand nicht länger parallel zueinander verlaufen, sondern die Hufbeinspitze (unteres Ende) weiter weg von der Wand entfernt ist als das obere Ende des Hufbeinrückens.

Eine andere Lageveränderung ist die Absenkung (unten in der Skizze in Kombination mit einer Rotation dargestellt), bei der das Hufbein zu tief in der Hufkapsel liegt. Das obere Ende des Hufbeinrückens (Streckfortsatz genannt), kommt deutlich tiefer zu liegen, als es mal war. Wie wenig Platz bzw. Sohle in diesem Fall oft nur noch da ist, um das Hufbein von unten zu schützen, wird ebenfalls auf dem Bild ersichtlich.

Oft (aber nicht immer) kommen diese beiden Lageveränderungen des Hufbeins in Kombination vor.

Huf-Querschnitt

VLNR: 1. Hufbein mit leicht positivem Winkel, 2. Hufbeinrotation, 3. Hufbeinabsenkung samt Rotation

Ist die Verbindung von Hufbein und Hufkapsel geschädigt, kann sie in diesem Bereich nicht einfach wieder zusammenwachsen. Genausowenig kann Hufbearbeitung den „Soll-Zustand“ wiederherstellen. Eine Hufrehe kann nur dann, wirklich nur dann, geheilt werden, wenn die Ursache der Hufrehe erkannt und abgestellt wird (in den allermeisten Fällen ist dies eine endokrine Problematik). Im Idealfall wächst ab diesem Zeitpunkt dann ein gesunder Huf wieder nach - von außen wird an der Zehenwand ein deutlicher „Knick“ ersichtlich, weil die neu nachwachsende Wand durch den „reparierten Klettverschluss“ wieder parallel zum Hufbein runterwächst. Und dann heißt es mindestens einige Monate warten, bis der gesunde Teil des Hufes wieder „überwiegt“ und das Pferd wieder schmerzfrei durchs Leben gehen kann.